Stammhirn und Kleinhirn

Stammhirn und Kleinhirn
Stammhirn und Kleinhirn
 
Nicht direkt dem Stammhirn zuzuordnen ist die Formatio reticularis, allerdings zieht sich dieses Netzwerk aus Nervenzellen im Stammhirn vom verlängerten Mark bis zum Mittelhirn hoch.
 
 
Die Formatio reticularis besteht aus vielen Nervenzellen, die allerdings nicht als Ansammlung, also als Kern, vorliegen, sondern die sich über das Stammhirn verteilen. Die Formatio reticularis sendet Signale an alle Abschnitte des Gehirns und empfängt auch von allen Signale. Zudem ist sie über Nervenbahnen, die durchs Rückenmark laufen, mit der Muskulatur verbunden. Sie beeinflusst deshalb den Muskeltonus.
 
Die Formatio reticularis reguliert in erster Linie, wann wir schlafen und wann wir wach sind (Schlaf-wach-Rhythmus), aber auch den Zustand unseres Bewusstseins (z. B. äußerste Konzentration oder Schläfrigkeit). Sie wird auch als aufsteigendes retikuläres Aktivierungssystem (ARAS) bezeichnet, da bei Stimulation der Formatio reticularis unser Gehirn sofort mit Aktivität reagiert, z. B. werden wir aus dem Schlaf geweckt. Durch Verletzungen oder Erkrankungen des Gehirns, aber auch infolge der Einnahme von Medikamenten oder Drogen kann es zu Bewusstseinsstörungen kommen - meist ist dann die Verbindung zwischen Formatio reticularis und anderen Hirnabschnitten geschädigt oder gestört. Zu diesen Bewusstseinsstörungen gehört das Koma, bei dem der Patient bewusstlos ist und durch keinerlei äußere Reize aufgeschreckt werden kann. Unter dem Präkoma versteht man eine weniger tiefe Bewusstlosigkeit, bei der der Patient Schmerzreize registriert. Beim Sopor befindet sich der Patient in einem schlafähnlichen Zustand; nur sehr starke Reize (Schmerz) können ihn aus diesem Zustand herausholen. Unter Somnolenz versteht man einen schläfrigen Zustand, aus dem der Patient durch äußere Reize geweckt werden kann. Die leichteste Form der Bewusstseinsstörung ist die Benommenheit. Der Patient wirkt schläfrig und ist in seinen Handlungen beeinträchtigt.
 
 
Die Formatio reticularis reguliert den Schlaf-wach-Rhythmus - Grund genug, sich den Schlaf einmal genauer anzusehen. Auch im Schlaf macht unser Bewusstsein einmal eine »Pause« - wir wissen nicht, was während des Schlafs geschieht, allerhöchstens können wir uns manchmal an Träume erinnern.
 
Unterschieden werden zwei Schlafstadien: der REM-Schlaf (REM = rapid eye movement; schnelle Augenbewegung) und der Non-REM-Schlaf. Der REM-Schlaf ist eine Phase leichten Schlafs, in der die Augen unter den Lidern hin und her rollen, die Atmung und der Puls unregelmäßig sind, der Schläfer sich aber kaum bewegt. In diesen Phasen träumen wir. Im Non-REM-Schlaf hingegen träumt der Schläfer nicht, stattdessen wird der Schlaf immer tiefer, bis hin zum Tiefschlaf. Während der einzelnen Schlafphasen verändert sich die Hirnaktivität: Im Wachzustand, aber mit geschlossenen Augen überwiegen die Alphawellen, im leichten und im REM-Schlaf sind vorwiegend Thetawellen zu finden, die rasch aneinander gereiht sind. Je tiefer der Schlaf wird, umso weniger Thetawellen findet man. Im Tiefschlaf herrschen die lang gezogenen Deltawellen vor. Die Phasen leichten Schlafs und Tiefschlafs wechseln einander während des Schlafs in einer Nacht ab - zu Ende der Nacht werden die Tiefschlafphasen immer kürzer. Während beim Baby und beim Kleinkind die REM-Phasen sehr lange dauern, nehmen sie mit zunehmendem Alter immer mehr ab - auch der Schlafbedarf insgesamt sinkt. Schlafstörungen haben ihre Ursache oft in Stress, übermäßigem Alkohol- oder Medikamentenkonsum. Die Ursache für Schlafstörungen kann in speziell eingerichteten Schlaflabors untersucht werden.
 
 
Das Kleinhirn befindet sich im hinteren Teil des Schädels. Es ist in erster Linie für die Bewegung der Muskeln zuständig - es koordiniert die Bewegungen, sorgt gemeinsam mit dem Gleichgewichtsorgan für die Aufrechthaltung des Körpers und beeinflusst den Muskeltonus. Es setzt sich - wie das Großhirn - aus zwei Hemisphären zusammen. Zwischen ihnen befindet sich ein Abschnitt, der einem Wurm ähnelt und deshalb Kleinhirnwurm genannt wird. Genau wie das Großhirn ist auch das Kleinhirn von einer Rinde ummantelt. Nervenbahnen verbinden es sowohl mit dem Groß- und dem Mittelhirn als auch mit dem verlängerten Mark und dem zu den Ohren gehörenden Gleichgewichtsorgan.
 
Das Kleinhirn kann nicht nur durch Verletzungen oder Erkrankungen, sondern auch durch Missbrauch von Medikamenten und übermäßigen Alkoholkonsum geschädigt werden. Eine solche Schädigung äußert sich durch Unsicherheit beim Gehen und Zittern der Muskeln, z. B. wenn ein Gegenstand aufgehoben werden soll (Intentionstremor).

Universal-Lexikon. 2012.

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